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KARIN RICHNER
WOZ (2014)
von Ulrike Baureithel
Dräuendes Schweigen
In ihrem Roman «Echolot» entwirft Karin Richner Schmerzlandschaften, in strahlendem Licht oder in verdunkelnden Schatten.
Weisse Flocken. Gelbe Schlafanzüge, mit Mohnblumen bedruckt, die im Tageslicht rot schimmern. Hellblaues Papier. Silbernes Sonnenlicht. Rote Uhr. Kinderblondes Haar und so weiter und so weiter. «Erschrocken bremse ich», könnte ich mit der Ich-Erzählerin auf der dritten Seite sagen und die Lektüre entschlossen abbrechen. Lässt man sich von Karin Richners überbordender Farbbegeisterung jedoch nicht abschrecken und verfolgt die still erzählte Geschichte weiter, wird deutlich, dass es mit den Farben etwas auf sich hat, mit einem blauen Auge nämlich und einem verwaschenen grünen, das aus Glas besteht und auf ein Trauma verweist.
"Echolot" ist der Roman betitelt, nach einem Gerät, das mittels Zeit die Wassertiefe bemisst – und in diesem Fall den langen Nachhall von Schmerz und verdrängten Gefühlen. Ausgangspunkt der zwei ineinander verwobenen Erzählungen ist das Verschwinden eines Mannes, Nils, der seine Frau Saskia und seine beiden Kinder Johanna und Ruben ohne Erklärung zurücklässt. Saskia reagiert verstört, tastet die gemeinsame Vergangenheit nach Hinweisen ab, während sie sich mit den Kindern irgendwie einzurichten versucht.
Auf der Suche nach Erklärungen entschliesst sie sich, Nils’ Mutter Marion zu kontaktieren, die den Schlüssel zu Nils’ Verhalten zu haben scheint. Als ängstliche, kontaktarme junge Frau, stellt sich heraus, wurde diese ebenfalls von ihrem Partner verlassen und blieb mit Nils zurück, den sie gegen alle Gefährdungen abzuschirmen suchte. Eines Tages ereignete sich ein Unglück, das durch das Verschweigen der Mutter wie ein dunkler Schatten über dessen weiterem Leben liegt.
Nicht mit dieser schlicht gebauten, tragischen Geschichte aber fesselt die im Aargau lebende Autorin, sondern mit der Art, wie sie den banalen Alltag und die Gefühlslagen der beiden Frauen, die durch vergleichbare Lebensumstände miteinander verbunden sind, beschreibt. Gerade im Unspektakulären, in den Wiederholungen spiegeln sich die Seelenzustände, hier ein Spaziergang mit den Kindern, dort ein Einschulungstag – und immer wieder die Landschaft, die als ruhiger, stimmungsvoller Konterpart figuriert und den reissenden Schmerz aufzulösen scheint. Wie ihre Hauptfigur Saskia, die Buchillustratorin ist, entwirft Richner Szenen und Bilder, taucht sie in strahlendes Licht oder verdunkelnden Schatten, so akribisch genau wie eine Kupferstecherin. Nur eben eine, die Farben liebt.
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